Dr. John Henry Clarke
* 1853, †24. November 1931.

Clarke absolvierte eine medizinische Ausbildung an der Universität in Edinburgh, wo er 1877 sein Examen ablegte. Kurz darauf kam er mit der Homöopathie in Berührung und widmete fortan seine Arbeit dieser Heilmethode. Er war ein Schüler von Richard Hughes, der sich jedoch später von ihm distanzierte.

Wie James Compton Burnett, Thomas Skinner, Robert Ellis Dudgeon und Robert Cooper gehörte er zu den Verschreibern von sogenannten „Hochpotenzen“, was ihm Kritik von vielen anderen Homöopathen einbrachte. Mit den genannten Kollegen traf er sich regelmäßig zum gemeinsamen Abendessen. Nach dem Tod von Robert Cooper wurde dieser Kreis als Cooper Club bekannt.

Dr. John Henry Clarke war 29 Jahre lang, von 1885 bis 1914 der Herausgeber der „Homeopathic World“, eine Aufgabe, die er später, 1923 wieder bis zu seinem Tod bekleidete.

Seine Patienten besuchte er mit einer Pferdekutsche, die als Büro eingerichtet war, sodass Clarke keine Zeit vergeudete, um an seinen Büchern zu arbeiten. Noel Puddephatt, der Clarke gut kannte, berichtete oft über dessen Eifer, wenn Clarke in seiner Praxis arbeitete, aufmerksam beobachtet von seiner Bulldogge.

Von seiner „Praktischen Materia Medica“ sagte Clarke, dass sie hauptsächlich dazu gut war, um ihm selbst die Arbeit zu erleichtern. In so fern sei die darin investierte Zeit sinnvoll verwendet worden. Seine „Praktische Materia Medica“ ist unter anderem deshalb so wichtig, weil Clarke seine fundierten klinischen Erfahrungen den Arzneibildern vorangestellt hat. Er hat darin jedoch auf eine Klassifizierung der Wertigkeit der Symptome verzichtet, weil er der Überzeugung war, „dass alle Symptome für die Heilung wichtig sein können“. Kritikern, die den immensen Umfang seines Werks beanstandeten, entgegnete er. „Ich habe noch nie ein Wörterbuch gesehen, das zu viele Wörter enthält.“ (Im Englischen wird seine Materia Medica als „Dictionary“, also Wörterbuch, bezeichnet)

Bei den Treffen des Cooper Clubs schrieb er immer mit, was seine Kollegen während des Essens sagten. Seine „Praktische Materia Medica“ enthält viele Symptome, die mit (B) für Burnett, oder (RTC) für Robert T. Cooper als Quelle versehen sind. Somit gibt Clarkes Werk einen Einblick in die Denkweise von Burnett, während es aus Burnetts eigenen Veröffentlichungen kaum Hinweise auf dessen Praxis gibt.

John Henry Clarke konnte trotz aller Anfeindungen beachtliche Heilerfolge vorweisen. Bei einem mittellosen Patienten, diagnostizierte ein Kollege Clarkes, Dr. Charles Wheeler, ein Lungen-Empyem. Der Mann befand sich in einem hoffnungslosen Zustand. Clarke übernahm die Behandlung des Patienten ohne Honorar zu fordern. Bis zu vier Mal am Tag besuchte er ihn. Einmal bekam er niedrige Potenzen, dann die 30. und später wiederum eine niedrige Potenz. Dr. Wheeler konnte mit Erstaunen die Fortschritte in der Genesung des Patienten bestätigenden. Dr. Wheeler unterrichtete die Fachwelt über diesen Erfolg John Henry Clarkes: „Der arme Mann wurde von Dr. Clarke vollständig geheilt und nach einiger Zeit wäre niemand auf die Idee gekommen dass der Patient jemals unter einem Empyem litt. Die Annahme von Ehrungen, die ihm von der „British Homeopathic Society“ zugesprochen wurden, verweigerte er, da er zu der Zeit, als Richard Hughes Vorsitzender dieser Gesellschaft war, aus dieser wegen der Ablehnung durch viele Kollegen ausgetreten war.

Da die renommierten Verlagshäuser immer wieder Schwierigkeiten machten, die Werke eines Homöopathen zu veröffentlichen, der bei der Kollegenschaft derart umstritten war, gründete Clarke seinen eigenen Verlag, die „Homeopathic Publishing Company“.

Obwohl Clarke bei vielen homöopathischen Kollegen umstritten war, ja sogar gemieden wurde, wetterte er seinerseits unerbittlich gegen die herkömmlichen Mediziner. Er beschuldigte Homöopathen des Verrats an der reinen Lehre bereits dann, wenn sie nur Kontakte zu Allopathen hatten, oder sich mit ihnen auf medizinischem Gebiet austauschten.

Diese Kollegen hatten es sich in der Tat in ihren großen Londoner Stadtpraxen bequem gemacht, waren in der viktorianischen Gesellschaftund etabliert und behandelten in der Regel ausschließlich Patienten der wohlhabenden Oberschicht.

Clarke hat viele Bücher für Laien geschrieben, wie zum Beispiel seinen „Presciber“. Er vertrat die Meinung, wenn kein hochqualifizierter Homöopath zur Verfügung stand, dass es besser sei, ein homöopathischer Laie verordnet ein Heilmittel, als jemand, der überhaupt keine Ahnung von Homöopathie hatte. Er sah in der Ausbildung von Laien einen Weg, den Gedanken der Homöopathie in die Zukunft zu retten, da aus seiner Sicht die promovierten Kollegen für diese Aufgabe nicht geeignet waren.

Diese Vorahnung erwies sich nach seinem Tod als geradezu visionär.

Wie die weitere Entwicklung zeigte, erfuhr die Homöopathie in Großbritannien einen Niedergang, und es waren die Laien, die diese Heilkunst in den dunklen 1930, 1940 und 1950er Jahren am Leben hielten. Selbst in den 1960er Jahren war die Homöopathie in England noch eine oft belächelte Heilmethode. Als die Laien-Homöopathen es in den 1970er Jahren schafften, der Lehre Hahnemanns wieder zu Ansehen zu verhelfen, war die Renaissance der Homöopathie allein ihr Verdienst, nicht das der homöopathischen Ärzteschaft.

Einer dieser Laien, ehemaliger Patient Clarkes, war Noel Puddephatt, (1899 – 1965), der später den berühmten Homöopathen George Vithoulkas unterrichtete.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass Dr. John Henry Clarkes politische Ansichten faschistisch waren. Er war kämpferischer Antisemit, Mitglied im Präsidium der rechtsradikalen Vereinigung „The Britons“ und schrieb scharfe Artikel gegen die Juden, die seiner Ansicht nach Deutschland finanziell unterstützen, um gegen England Krieg zu führen.

Es mutet seltsam an, dass Clarke trotz seiner politischen Gesinnung J. Ellis Barker als Laien-Homöopath ausbildete, einen Kommunisten, der als Julius Otto Elzbacher in Deutschland geboren wurde und als Journalist nach England ging.

Nach Clarkes Tod wurde J. Ellis Barker die Redaktion der „Homeopathic World“ übertragen. Dass diese renommierte Stelle, nach der die gesamte homöopathische Ärzteschaft Großbritanniens lechzte, einem Schüler Clarkes angeboten wurde, der obendrein noch Laie und deutscher Immigrant war, muss Clarke noch posthum mit heimlicher Freude erfüllt haben. Die Weitsicht John Henry Clarkes hat den Ruf der britischen Homöopathie wieder erstarken lassen. Seine mutigen Schritte im Hinblick auf die Zukunft der homöopathischen Heilkunde, seine neuen Ideen und Methoden und seine zahlreichen Veröffentlichungen haben die Homöopathie Großbritanniens über die Zeit gerettet.

Seine Schüler stellen seine Lebensleistung auf eine Stufe mit derjenigen des großen amerikanischen Homöopathen James Tyler Kent.

Die beiden gleichen sich in der kraftvollen Art, sich auszudrücken, der Verachtung oberflächlicher allopathischer Heilmethoden und beide haben der Homöopathie wertvolle Bücher hinterlassen, das „Dictionary of Materia Medica“ und das Repertorium der Materia Medica.

Veröffentlichungen:
(Auswahl)
  • A Bird’s Eye View of the Organon
  • A Dictionary of Domestic
  • Medicine and Homeopathic Treatment (1890)
  • Catarrh, Colds and Grippe (1899)
  • Cholera, Diarrhea and Dysentery (1893)
  • Clinical Repertory (1904)
  • Dictionary of Practical Materia Medica (1900)
  • Gunpowder As A War Remedy (1915)
  • Hahnemann and Paracelsus (1923)
  • Homeopathy Explained (1905)
  • Non-Surgical Treatment of Diseases of Glands and Bones
  • The Prescriber (1885)
  • The Therapeutics of Cancer

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