WHO´S WHO - Persönlichkeiten in der Homöopathie
Dr. Georg Heinrich Gottlieb Jahr*30. Januar 1800 in Neudietendorf, Sachsen-Gotha, heute Thüringen, †11. Juli 1875 in Brüssel, Belgien
In seiner Jugend wollte er Lehrer werden und betrieb Studien an einem Kollegium der „Herrnhuter Brüdergemeine“ in Niesky in der damals preußisch-schlesischen Niederlausitz, heute Freistaat Sachsen. Dort war er so erfolgreich, dass ihm nach Beendigung seiner Ausbildung eine Stelle als Lehrer (Professor) angeboten wurde, die er 1825 annahm. So wechselte er unmittelbar von der Schulbank ins Lehramt.
Während dieser Zeit erkrankte er ernsthaft, was in bewegte, Dr. Karl Julius Aegidi (1795 – 1874) in Düsseldorf zu konsultieren, damals einer der bekanntesten Homöopathen in Deutschland.
Nachdem Aegidi ihn mit Hilfe der Homöopathie überraschend schnell geheilt hatte, begeisterte er sich für die Lehren Hahnemanns und wollte diesen persönlich kennen lernen. Kurz darauf wurde er Hahnemanns Assistent und wurde mit der Aufgabe betraut, die 2. Auflage der „Chronischen Krankheiten“ zu Ende zuschreiben.
Hahnemann drängte Jahr dazu, ein medizinisches Studium an der Universität Bonn zu absolvieren. Er hatte Jahrs Begeisterung für die Homöopathie auf eine solide Grundlage stellen wollen. Jahr erkannte rasch die Vorzüge der Homöopathie gegenüber der „Bisherigen Arzneischule“, die von Hahnemann pejorativ auch als „Schulmedizin“ bezeichnet wurde.
Während seiner Studienzeit blieb Jahr stets in engem Briefkontakt mit Hahnemann.
Jahr war einer der Mitwirkenden bei Hahnemanns Doktor-Jubiläum im Jahre 1829. Zu dieser Zeit praktizierte er in Neuwied am Rhein. Sein Name tauchte damals in der Zeitung und in den Auflistungen von Frederick Hervey Foster Quin, dem ersten homöopathischen Arzt in England auf.
Als Aegidi seine Position als Leibarzt der Prinzessin Luise von Preußen, geborene Luise von Anhalt-Bernburg (30.10.1799 – 09.12.1882) verlor, wurde Jahr von Hahnemann als dessen Nachfolger empfohlen. Jahr behandelte die Prinzessin trotz der Widerstände der allopathischen Ärzte bei Hofe, die Jahrs fehlende medizinische Legitimation beanstandeten, bis 1835. In diesem Jahr veröffentlichte er das erste homöopathische Lehrbuch in deutscher Sprache. 1838 folgte die englische Ausgabe, die von Constantin Hering herausgegeben wurde und zu einem wegweisenden Werk der Homöopathie wurde.
Jahr eröffnete nach Abschluss seines Studiums und erfolgter Graduierung eine homöopathische Praxis in Lüttich/Liege (Belgien), folgte aber schon bald Hahnemann, als dieser 1835 nach Paris ging. Hier erlangte er 1840 den Titel eines Doktors der Medizin.
Bei Ausbruch des Preußisch-Französischen Krieges musste er befürchten, als Deutscher festgenommen und abgeschoben zu werden. So ging er wieder nach Belgien, wo er von seinen homöopathischen Kollegen mit offenen Armen empfangen wurde. Nach Aufenthalten in Lüttich und Gent ließ er sich letztendlich in Brüssel nieder. Da er kein belgisches Diplom hatte, durfte er offiziell keine ärztliche Praxis führen. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen unterrichtete er mehr als 50 belgische Ärzte in Homöopathie, hielt Vorträge und war an der Gründung der „Societée Royale Belge d’Homoeopathie“ (SRBH) beteiligt, die noch heute existiert. Die Stadt Brüssel stellte ihm für seine Aktivitäten sogar einen Raum im Rathaus zur Verfügung. Diese Tätigkeiten konnten jedoch seine finanzielle Situation nicht bessern und wirkten sich auch belastend auf seine Gesundheit aus. Er litt schon einige Zeit an zwei großen Karbunkeln, die sich durch seine depressive Stimmung weiter verschlimmerten und schließlich zu seinem überraschenden Tod führten. Dr. Georg Heinrich Gottlieb Jahr starb am 11. Juli 1875.
Sein Tod wurde weltweit, vor allem aber in Frankreich mit Bestürzung aufgenommen. Er wurde dort liebevoll „Henry Dieudonné (der von Gott gegebene) genannt. Er wurde als direkter Schüler Hahnemanns als dessen legitimer Nachfolger akzeptiert, zumal er auch in anderen Fachgebieten, wie Physik, Chemie und anderen Wissenschaften, wie Mathematik und Philosophie bewandert war.
Viele seiner zahlreichen Werke sind sowohl in französischer, als auch in deutscher Sprache erschienen und wurden von Charles Julius Hempel und anderen ins Englische übersetzt. Unter diesen Ausgaben befinden sich wissenschaftliche Abhandlungen über die homöopathische Behandlung der Cholera, der Nerven- und Geisteskrankheiten, Hautkrankheiten, sowie eine „Homoeopathic Pharmacopoeia“.
Jahr vermied es, von Hahnemanns Dogmen abzuweichen und war Hahnemann stets treu ergeben. Er trug wesentlich zu einem homöopathischen Konservatismus bei, der von klassischen Homöopathen wohl verstanden und praktiziert wird.
Fachliteratur – Hinweis:
- "Klinische Anweisungen" – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Handbuch der Haupt-Anzeigen für die richtige Wahl des homöopathischen Heilmittels – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Allgemeine und Spezielle Therapie der Geisteskrankheiten und Seelenstörungen nach homöopathischen Grundsätzen – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Die venerischen Krankheiten – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Ausführlicher Symptomen Kodex – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Die Lehren und Grundsätze der gesamten theoretischen und praktischen homöopathischen Heilkunst – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"
- "Alphabetisches Repertorium der Hauptsymptome – Georg Heinrich Gottlieb Jahr"